
Die Flamme der Sonnenwende
In einem Tal, umgeben von schneebedeckten Bergen und tiefen Wäldern, lebte eine Gemeinschaft, die die langen, dunklen Wintertage ertrug. Die Nächte schienen endlos, die Kälte drang in jeden Winkel, und die Herzen der Menschen waren schwer geworden. Dieses Jahr fühlte sich die Dunkelheit dichter, die Stille bedrückender an, als wäre selbst die Hoffnung erloschen.
In einer besonders langen Nacht beschloss eine junge Seele, das Licht zu suchen. Sie erinnerte sich an die Geschichten der Älteren, die von einer geheimnisvollen Flamme erzählten, die tief im Wald verborgen lag. Diese Flamme, so hieß es, trage das Licht der Sonne in sich, das selbst die dunkelste Nacht vertreiben könne. Doch nur wer mit einem offenen Herzen suchte, konnte sie finden.
Mit einer kleinen Laterne in der Hand und einem Funken Mut im Herzen machte sie sich auf den Weg. Der Wald lag still unter einer Decke aus Schnee, und die Schatten der Bäume wirkten wie Wächter der Dunkelheit. Die eisige Luft brannte in ihrer Lunge, und der Schnee knirschte bei jedem Schritt. Es war eine Reise ins Ungewisse, doch etwas tief in ihr flüsterte, dass das Licht existierte.
Stunde um Stunde verging, und gerade als der Mut zu schwinden begann, tauchte ein leiser, warmer Schein zwischen den Bäumen auf. Der Weg führte zu einer kleinen Lichtung, auf der eine einzelne Flamme mitten im Schnee brannte. Die Flamme war klein, aber sie leuchtete so klar, dass die Dunkelheit um sie herum unwichtig wurde.
Die junge Seele kniete nieder und betrachtete das tanzende Licht. Es war mehr als eine Flamme – es war Wärme, Trost und Hoffnung. Sie hob die Laterne, doch als sie versuchte, das Licht einzufangen, wich es zurück, als wolle es sagen: "Ich bin nicht dazu da, genommen zu werden. Ich bin dazu da, geteilt zu werden."
Einen Moment lang herrschte Stille, dann legte sie die Laterne beiseite und öffnete ihre Hände. In diesem Moment spürte sie, wie die Wärme der Flamme sich in ihr Herz legte, wie ein kleiner Funken, der schon immer da gewesen war, nun jedoch zu leuchten begann.
Mit dem Licht in sich kehrte sie zurück ins Tal. Als sie das Dorf erreichte, war die Dunkelheit immer noch da, doch sie wirkte weniger erdrückend. Sie trat zu den anderen, die am Feuer saßen, und erzählte leise, was sie gesehen hatte. Nach und nach begann auch in den anderen ein Licht zu glimmen – nicht durch Worte, sondern durch die Wärme, die sie ausstrahlte.
Die längste Nacht des Jahres war noch nicht vorüber, doch etwas hatte sich verändert. Das Licht der Flamme war kein äußeres, sondern ein inneres – und es lebte in allen, die daran glaubten, dass die Dunkelheit nicht ewig währte.
So kam die Nacht, in der das Licht wiederkehrte, und mit ihm die Hoffnung, die niemand auslöschen konnte.
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